Wer hat’s erfunden?

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Nachhaltigkeit. Aus Klimaschutzgründen sollten Produkte und unser Handeln nachhaltig sein oder, wie man neuerdings auch sagt, „enkelfähig“. Das heißt, die ältere Generation sollte sich so verhalten, dass das Leben der nachfolgenden Generationen nicht beeinträchtigt wird: Konsum drosseln, Ressourcen schonen und Produkte langfristig nutzen. Doch war das bei den Großeltern nicht schon immer so?

Vo n  Te s s  B u c h e l e


Ich erinnere mich gut. Sonntags wurden alle Schuhe in
der Garage eingesammelt. Papa putzte sie sehr sorgfältig im Keller und dann standen sie für die neue Woche wieder glänzend bereit. Neue Schuhe gab es dann, wenn die alten wirklich zu klein waren oder so abgenutzt, dass sie nicht mehr als Schuh erkennbar waren. Ich vermute, dass Oma und Opa (der Papa von damals) heute noch einige Schuhe aus dieser Zeit besitzen und Opa nach wie vor sonntags die Schuhputzbürste schwingt. Das heißt, ich weiß das. Und während ich das hier tippe, wird mir klar, dass Nachhaltigkeit keine Erfindung der Enkelgeneration ist, sondern schon lange zuvor existierte. 

Nicht umsonst fragt mich die Oma immer skeptisch, warum ständig Pakete bei uns ankommen. Was da drin sein kann. Und erklärt, wo sie das früher gekauft hat. Und wir begreifen langsam, dass der viele Papiermüll durch die digitalen Einkäufe nicht sehr nachhaltig ist. Hinzu kommt, dass man zwar selbst nicht mehr (wie wir früher) einmal im halben Jahr mit dem Auto in die Stadt fährt zum Sommer- oder Winterkleider-Kauf, doch jemand anders fährt dafür die zahlreichen Pakete durch die Gegend. Benzin wird also nicht gespart, Müll auch nicht und eigentlich war der Tag in der Stadt immer etwas Besonderes. War früher wirklich alles besser und auch nachhaltiger? Natürlich nicht. 

Die Mülltrennung zum Beispiel musste erst erfunden werden und dass billige Einkäufe nicht immer besser sind, war ein Lernprozess. Denn die heutige Großeltern-Generation gehörte noch zu den echten Schnäppchenjägern. Das bestätigt auch der Film „Pappa ante portas“ von Loriot. Heute wissen wir, dass man genau aufs Etikett schauen sollte, wo ein Produkt herkommt und was drinsteckt. Doch der sorgfältige Umgang mit Dingen war früher auf jeden Fall mehr in den Köpfen verankert. Denn in der Kindheit der heutigen Großeltern gab es noch keinen Überfluss, keine Massenproduktion und damit auch wesentlich weniger „Trash“ – also Müll, den es zu entsorgen galt. 

Was ist also das Fazit? Ich finde, wenn es um Nachhaltigkeit geht, sollte man die früheren Generationen nicht nur verteufeln. Denn auch wenn Großeltern manchmal als aus der Zeit gefallen betrachtet werden, waren sie doch in vielem fortschrittlicher. Keine Online-Bestellungen, mehr Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen und nicht immer gleich neu kaufen, wenn ein kleiner Defekt da ist. Alles Punkte, die für viele ältere Menschen keine Frage sind. Ganz sicher haben die meisten Großväter in ihrer Werkstatt schon den ein oder anderen Fön wieder zum Laufen gebracht oder Staubsauger aus der Reserve gelockt. Auch Spielzeugautos von Enkeln oder Puppenkleider werden heute immer noch gerne repariert und geflickt. Omas können Socken stopfen – eine Fähigkeit, die in der jetzigen Zeit fast nicht mehr bekannt ist –, und ich bin sicher, so mancher Opa hat einige Geheimtipps, damit die neuen weißen Turnschuhe länger schön bleiben. Auch ist ein Plausch über den Gartenzaun sehr viel CO2-freundlicher als jeder stundenlange Austausch via Social Media. Nachhaltigkeit ist eben nicht nur eine Erfindung der Enkel, sondern lässt sich in vielen Punkten gut von der älteren Generation abschauen. Machen wir also ein Gemeinschaftsprojekt daraus.

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